Arzthaftungsrecht und Entschädigung in Nordzypern

Arzthaftungsrecht und Entschädigung in Nordzypern

Das Arzthaftungsrecht gibt Opfern von bestimmten medizinischen Fehlern das Recht Klage zu erheben. Ein ärztlicher Behandlungsfehler oder Kunstfehler liegt vor, wenn ein Angehöriger eines Gesundheitsberufs es versäumt, eine angemessene Behandlung anzubieten oder geeignete Maßnahme zu ergreifen, oder wenn er eine mangelhafte Behandlung vornimmt, die einem Patienten Schaden zufügt, ihn verletzt oder gar tötet.

Der Behandlungsfehler oder die Fahrlässigkeit beinhaltet normalerweise einen medizinischen Fehler. Dies kann bei der Diagnose, der Dosierung von Medikamenten, dem Gesundheitsmanagement, der Behandlung oder der Nachsorge der Fall sein. Das Arzthaftungsrecht ermöglicht es den Patienten, Schadenersatz für Schäden zu erhalten, die durch eine mangelhafte Behandlung entstanden sind.

Arzthaftungsfälle werden unter der Überschrift Fahrlässigkeit in Abschnitt 51 von Artikel 148 des Gesetzes über unerlaubte Handlungen bewertet und unter der Unterüberschrift Verursachung von Schäden oder Tod durch Fahrlässigkeit untersucht. In Artikel 51 des Gesetzes wird definiert, dass eine verhältnismäßig vorsichtige Person eine Handlung vornimmt, die er/sie unter den gleichen Umständen normalerweise nicht vornehmen würde, oder eine Handlung nicht vornimmt, die er/sie normalerweise vornehmen würde.

Nach der Rechtsprechung sind die folgenden drei Punkte erforderlich, um die Schädigung des Opfers in einem auf diesen Artikel gestützten Verfahren zu beweisen:

  1. Der Beklagte ist verpflichtet, gegenüber dem Kläger angemessene Sorgfalt nachzuweisen
  2. Die Fahrlässigkeit des Beklagten und Nichteinhaltung der gebotenen Sorgfalt
  3. Der Kläger hat aufgrund der Fahrlässigkeit des Beklagten einen Schaden erlitten. Nach der klassischen Definition muss ein kausaler Zusammenhang zwischen der Fahrlässigkeit und dem Schaden bestehen.

Bei ärztlichen Kunstfehlern sollten außerdem je nach der Beziehung zwischen Arzt und Patient unterschiedliche Faktoren berücksichtigt werden. Dazu gehören Sorgfalt und Aufmerksamkeit, Pflichtverletzung, Verletzung, die einen direkten und unmittelbaren Schaden verursacht, Abweichung von der anerkannten Norm in Bezug auf den Beruf des Experten und der Schädigung. Die vorgenannten Faktoren bestimmen das Ausmaß der Fahrlässigkeit, um eine Entschädigung bei ärztlichen Kunstfehlern geltend machen zu können. Sie können auch berücksichtigt werden, wenn eine Entschädigung in einem Fall beantragt werden soll, in dem die vernachlässigte Partei nicht hätte vernachlässigt werden dürfen.

Bei Kunstfehlern liegt die Beweislast beim Kläger, wie in allen Zivilprozessen. Der Kläger ist verpflichtet, seinen Fall entsprechend der Wahrscheinlichkeit des Kausalzusammenhangs zu beweisen. Darüber hinaus muss der Kläger beweisen, dass die andere Partei fahrlässig und schuldhaft gehandelt hat und dass der Schaden dadurch verursacht wurde. Stehen zwei gleichwertige Ansprüche gegenüber und weist einer nach, dass der Schaden auch ohne Fahrlässigkeit und Verschulden verursacht werden kann, wird der Fall abgewiesen.

In Fällen von ärztlichen Behandlungsfehlern ist die Fahrlässigkeit des Arztes und seines Teams bei der Schadensverursachung, also der Kausalzusammenhang zwischen Fahrlässigkeit und Schaden, in vielen Urteilen der Rechtsprechung festgestellt worden. Caparo v Dickman (1990) stellte in der britischen Gesetzgebung fest, dass der Schaden und die Handlung direkt und eng zusammenhängen und zur Berücksichtigung bei der Feststellung des Kausalzusammenhangs herangezogen werden sollten. Dabei sollte auch geprüft werden, ob es fair, angemessen und begründet ist. Diese Verantwortung sollte in dem Moment beginnen, in dem der Arzt eine Person als Patient annimmt. In diesem Fall besteht die Verantwortung des Arztes darin, bei der Untersuchung eines Patienten, der Diagnose und der Behandlung des Patienten angemessene Sorgfalt, Aufmerksamkeit und Fachkenntnis walten zu lassen.

In der erteilten Vollmacht zwischen Arzt und Patient heißt es, dass sowohl der Arzt als auch das gesamte medizinische Team die bestmögliche Sorgfalt und Aufmerksamkeit walten lassen und sich nach ihren persönlichen Fähigkeiten verhalten sollen, und dass die Verantwortung des Arztes im Falle eines Fehlverhaltens untersucht wird. Sollte das Verhalten eines gewöhnlichen Menschen als Maßstab für die Fahrlässigkeit des Arztes oder des medizinischen Teams gleichgesetzt werden mit der Berufsausübung laut Gesetz bzw. dem menschlichen Verhalten, das eine berufliche Qualifikation erfordert?

Die wichtigste Frage ist die nach dem angemessenen Standard, der von einem Arzt und seinem medizinischen Team erwartet wird. In Fällen von ärztlichen Kunstfehlern wird die Frage der Fahrlässigkeit des Arztes untersucht, wobei ein Grundsatz angewandt wird, der als Bolam-Test bekannt ist und in vielen Entscheidungen als Kriterium akzeptiert wird. Nach diesem Grundsatz gilt ein Arzt nicht als fahrlässig, wenn er sich so verhält, wie eine auf das betreffende Gebiet spezialisierte Gruppe von Ärzten es akzeptiert, selbst wenn andere Ärzte sich anders verhalten. In einigen Fällen kann man jedoch auch von dem Grundsatz res ipsa loquitor [Anm. des Übersetzers: „Die Sache selbst spricht“/Anscheinsbeweis] sprechen.

Dieser Grundsatz wird in Fällen angewandt, in denen „etwas offensichtlich ist“ und eine gerichtliche Würdigung des Sachverhalts durch eine sachkundige Person nicht erforderlich ist. Bei Anwendung dieses Grundsatzes wird davon ausgegangen, dass ein begründeter Fall vorliegt und die Verantwortung des Arztes im ersten Schritt gegeben ist. Dann geht die Beweislast auf die Beklagten über, und die Beklagten müssen beweisen, dass der Schaden nicht auf ihre Fahrlässigkeit zurückzuführen ist.

Die allgemeine Entschädigung deckt die üblichen und wahrscheinlichen Folgen ab, die nach dem Ereignis eintreten. Die Berechnung der Entschädigung bei der Bewertung des allgemeinen Schadens erfolgt auf der Grundlage des Schadens vom Tod bis zum Ende des Rechtsstreits, des Schadens vom Rechtsstreit bis zum Rentenalter und des Schadens nach dem Rentenalter. Bei der Bestimmung der Entschädigungshöhe bei ärztlichen Behandlungsfehlern sind viele Elemente zu berücksichtigen. Zunächst muss die Höhe der Entschädigung für den Geschädigten vollständig und ausreichend sein. Bei der Festlegung des Schadensersatzhöhe sollte der künftige Verdienstausfall in die Forderungsaufstellung aufgenommen werden.

Der zu erwartende Verdienstausfall sollte dem Gericht mitgeteilt werden, auch wenn er nicht genau beziffert werden kann. In Fällen, in denen der Verstorbene verheiratet war und für den überlebenden Ehegatten und die Kinder gesorgt hat, berücksichtigt der Gesetzgeber dies und gibt dem Ehegatten, den Kindern, sowie Mutter und Vater des Verstorbenen, falls er für sie gesorgt hat, das Recht, Klage einzureichen und eine Entschädigung zu fordern. Die Erben des Verstorbenen haben das Recht, den Schaden durch den vorzeitigen Tod sowie den Schaden am Nachlass einzuklagen.

Obwohl in Fällen von ärztlichen Behandlungsfehlern der Weg der Berufung gegen die Behauptung, die Entschädigung sei überhöht, offen ist, hat der Geschädigte das Recht, mit der Behauptung, die Entschädigung sei unzureichend, Berufung einzulegen.

 

Gürkan & Gürkan

Anwälte & Rechtsberater

 

  • Gürkan&Gürkan
  • Juni 2019